"Unter einem Markt versteht man [...] den Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage, wobei mit dem Worte `Ort' nicht die konkrete, räumliche Lokalisierung, sondern die abstrakte Zusammenfassung aller Anbieter-Nachfragerbeziehungen bezeichnet ist."
Angeboten und nachgefragt werden können Güter, Dienstleistungen oder auch Informationen. Diese Leistungen können entweder die Markttransaktion, die Durchführung des Leistungstausches zwischen Anbieter und Nachfrager, unmittelbar betreffen, oder aber mittelbar zur Erreichung des Transaktionszieles genutzt werden. Beispielsweise kann eine Transportdienstleistung das unmittelbare Ziel einer Transaktion darstellen, sie kann aber auch nur mittelbar als Leistung zur Ausführung einer Beschaffungstransaktion dienen.
Entstanden ist der Marktbegriff aus dem Konzept des historischen Marktplatzes mit regelmäßig stattfindenden Märkten, der es Anbietern und Nachfragern erlaubte, sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu treffen und ihre Waren auszutauschen.
Eine zentrale Rolle innerhalb eines Marktes spielt ein Preismechanismus, welcher als Entscheidungsgrundlage für die Durchführung von Markttransaktionen dient [Merz 1996]. Ebenfalls ist die Marktform von zentraler Bedeutung für einen Markt. Es werden nach Anzahl der Anbieter und Nachfrager (einer, wenige, viele) neun Marktformen unterschieden, von denen die "atomistische Konkurrenz" [Weis 1995] (viele Anbieter, viele Nachfrager) den vollkommenen Markt am besten unterstützt.
Von einem vollkommenen Markt mit vollständigem Konkurrenzgleichgewicht spricht man, wenn folgende Bedingungen [Weis 1995] und [Keller, Keller 1995] erfüllt sind:
- Es gilt das Maximum-Prinzip: die Anbieter erstreben eine Gewinnmaximierung, die Nachfrager eine Nutzenmaximierung.
- Eine vollkommene Markttransparenz erlaubt es Anbietern und Nachfragern, über eine vollständige Marktübersicht und alle relevanten Informationen zu verfügen.
- Es herrscht Güterhomogenität: es gibt keine sachlichen, persönlichen, örtlichen oder zeitlichen Präferenzen bei Anbieter und Nachfrager
- Die Reaktionsgeschwindigkeit der Marktteilnehmer auf Änderungen der Marktdaten ist unendlich schnell.
Dieses Konzept des vollkommenen Marktes wird in der Realität nirgendwo erreicht. Reale Märkte erreichen immer nur einen gewissen Grad an Vollkommenheit. In einem vollkommenen Markt würde der inhärente Preismechanismus automatisch einen Gleichgewichtspreis für die gehandelten Leistungen erzeugen: Die Anzahl der Nachfrager, die bereit wären, eine Leistung zu erwerben, entspräche genau der Anzahl der Anbieter, welche die Leistung lieferten.
Weiterhin können Märkte unterschieden werden in offene und geschlossene Märkte. In offenen Märkten hat jeder Teilnehmer freien Zugang zu dem Markt, wohingegen in geschlossenen Märkten der Zugang verboten oder erschwert ist.
Abbildung 19 - Markt oder Hierachie
nach
[Malone,
Yates, Banjamin 1987, S.487]
In Abbildung 19 werden die beiden Faktoren Komplexität der Leistungsbeschreibung[31] ("complexity of product description") und Anlagen-Spezialisierung ("asset specificity") dargestellt.
Mit Leistungsbeschreibung ist die genaue Definition der auszutauschenden Leistung gemeint, mit Anlagen-Spezialisierung der Grad der Spezialisierung der Leistung für einen der Tauschpartner beispielsweise hinsichtlich Art der Leistung und Ort bzw. Zeitpunkt der Leistungserbringung.
Je stärker diese beiden Faktoren ausgeprägt sind, je mehr verschiebt sich die Präferenz der Organisation des Austausches weg von einem freien Markt hin zu einer festen Hierarchie[32].
Elektronische Märkte stellen daher einen Schritt in Richtung der Realisierung eines vollkommenen Marktes im Sinne der obigen Definition dar.
Als Definition für Elektronische Märkte im engeren Sinne wird an dieser Stelle [Schmid 1993] zitiert:
"Elektronische Märkte im engeren Sinne sind mit Hilfe der Telematik realisierte Marktplätze, d.h. Mechanismen des marktmäßigen Tausches von Gütern und Leistungen, die alle Phasen der Transaktion unterstützen"
Werden nicht alle Transaktionsphasen unterstützt, so spricht Schmid von Elektronischen Märkten im weiteren Sinne[33].
In [Kuhlen 1996] wird der Begriff des Elektronischen Marktes durch einen nicht-kommerziellen Bereich erweitert zu einem Elektronischen Marktplatz:
"Weiterhin sollen Marktplätze nicht nur auf kommerzielle Interessen alleine ausgerichtet sein, sondern im Sinne der Idee eines Forums auch Informationsbedürfnisse der allgemeine Öffentlichkeit, z.B. bezüglich Verwaltung, Politik, Kultur, Bildung, Soziales etc. befriedigen."
Diese Arbeit folgt in erster Linie der Definition Elektronischer Märkte nach [Schmid 1993]. Die Rollen und Funktionen von Transaktionen und Mittlern in Elektronischen Märkten finden sich in ähnlicher Form auch in der erweiterten Bedeutung Elektronischer Marktplätze im Sinne von [Kuhlen 1996] wieder.
Sicherlich eignen sich Elektronische Märkte nicht für alle Arten von Leistungen gleichermaßen gut. Neben der Durchdringung klassischer Märkte, weitet sich durch Informations- und Kommunikationstechnologie jedoch der Bereich aus, in dem Märkte generell für die Koordinierung der Tauschbeziehung sinnvoller erscheinen als Hierarchien (siehe Abbildung 19). Hauptgründe dafür sind sinkende Koordinierungskosten durch niedrigere Kommunikationskosten, steigende Qualität der Leistungen auf Märkten durch größere Auswahl potentieller Partner und besseres Zusammenfinden passender Partner durch die Dienste Dritter ("Mittler") sowie die Möglichkeit, durch CAD/CAM[34] schneller und einfacher auf individuelle Wünsche des Marktpartners eingehen zu können. ( [Malone, Yates, Banjamin 1987, S.488f]).
Es wird jedoch auf jeden Fall immer Leistungen geben, die aufgrund der Kombination der beiden Faktoren Komplexität der Leistungsbeschreibung und Anlagen-Spezialisierung nicht für den Handel über Elektronische Märkte geeignet sind.
"Eine Markttransaktion entspricht einer endlichen Menge von Interaktionsprozessen zwischen Marktteilnehmern in unterschiedlichen Rollen mit dem Ziel, eine vertragliche Vereinbarung des Austausches von Gütern anzubahnen, zu vereinbaren und abzuwickeln"
Nach dem Zweck der Interaktion läßt sich eine Transaktion in drei Phasen unterteilen:
- In der Informationsphase verschaffen sich Anbieter und Nachfrager einen Überblick über den Markt, in dem sie sich Informationen über Leistungen und potentiellen Marktpartnern beschaffen. Auch allgemeine Informationen über den Markt wie Branchen- oder Technologieinformationen werden in dieser Phase gesucht. Am Ende der Informationsphase haben Anbieter oder Nachfrager potentielle Marktpartner identifiziert und treten in die Vereinbarungsphase ein.
- Die Vereinbarungsphase dient der Aushandlung der Konditionen, zu denen der Vertrag zwischen Anbieter und Nachfrager verbindlich werden kann. Preis, Umfang der Leistung, Lieferbedingung sind Beispiele für Vertragskonditionen. Sind sich die Marktpartner einig geworden, beendet eine verbindliche Vereinbarung zwischen ihnen diese Phase.
- In der Abwicklungsphase schließlich werden die vereinbarten Leistungen erbracht.
Abbildung 20 - Phasen von Markttransaktionen
nach
[Schmid,
Lindermann 1997, S. 5]
In jeder Phase werden von den Marktteilnehmern unterschiedliche Hilfsmittel und Dienstleistungen in Anspruch genommen.
- In der Informationsphase sind es Informationsträger (wie Produktkataloge oder Zeitschriften) und Dienstleistungen (Informationsdienste, Auskunfteien, Berater, etc.), die bei der Auswahl möglicher Marktpartner helfen sollen.
- In der Vereinbarungsphase werden Dienste vertrauenswürdiger Dritter benötigt, um zu einem für beide Seiten sicheren Vertragsabschluß zu gelangen (Banken, Notare). Die Form, in der die Vereinbarung vonstatten geht, kann sehr unterschiedlich sein und von dem einfachen Akzeptieren vorgegebener Konditionen (z.B. eines Preises) bis zum Aushandeln spezieller Bedingungen (z.B. "feilschen" um den Preis oder Sondertarife) reichen. Bei Auktionen werden auch die Preisverhandlungen einer dritten, unabhängigen Partei, dem Auktionator, übertragen.
- Schließlich benötigt die Abwicklungsphase Transport- und Finanzdienstleister, Versicherungen, etc. zur Durchführung des Leistungsaustausches zwischen Anbieter und Nachfrager.
Werden diese unterstützenden Aufgaben von einem dritten Marktteilnehmer ausgeführt, so nennt man diesen Mittler.
Die Transaktionskosten bilden heute als Teil der Koordinierungskosten zusammen mit den Produktionskosten und der Gewinnspanne einen erheblichen Teil des Endpreises von Produkten [Wigand, Benjamin 1995].
Die beiden Faktoren Komplexität der Leistungsbeschreibung und Anlagen-Spezialisierung stellen auch Schlüsselfaktoren für den Grad der Durchführung von Transaktionen auf elektronischem Wege dar.
Bei komplizierten Leistungen kann schon allein die genaue Beschreibung der Leistung zum Zwecke der Information im Rahmen der Informationsphase der Transaktion eine Herausforderung darstellen.
Vereinbarungen, die über feste Konditionen hinausgehen, sind ebenfalls um so schwieriger zu realisieren, je breiter der Vereinbarungsspielraum ist und je umfangreicher die Faktoren sind, über die verhandelt werden kann.
Die komplette Durchführung einer Transaktion bis zur Auslieferung, ist natürlich nur für elektronische Leistungen (z.B. Bilder, Software, Dokumente) denkbar. Werden im Rahmen der Abwicklung der Transaktion jedoch sekundäre Wertschöpfungsprozesse aktiviert, so können diese wiederum durch die Nutzung Elektronischer Märkte vereinfacht werden.
Abbildung 21 - Mittler in Märkten
- Sammlung ("aggregation") von Angebot oder Nachfrage. Großhändler (M2) nutzen beispielsweise die gesammelte Nachfrage vieler Kunden, um bei einem Hersteller günstigere Preiskonditionen zu erwirken. Reisebüros auf der anderen Seite bilden durch die Integration gesammelter Angebote (M1) verschiedener Anbieter (Hotels, Fluggesellschaft, Museen, etc.) ein neues Reiseangebot, welches die Informationsphase der Nachfrager wesentlich verkürzt.
- Schutz ("protection") vor opportunen, nur auf den eigenen Vorteil ausgerichteten Verhalten von Marktteilnehmern ist eine weitere Funktion von Mittlern. Dadurch, daß sie über längere Zeit im Markt agieren, können andere Marktteilnehmer sich nicht opportun ihnen gegenüber verhalten, da sie ja zu einem späteren Zeitpunkt eventuell wieder den Dienst des Mittlers in Anspruch nehmen wollen. Mittler können Marktteilnehmer auch vor Problemen schützen, die bei Transaktionen auftreten können. Ein Reisebüro schützt den Kunden beispielsweise vor Ausfällen bei Hotels, indem es einfach neue Hotels für ihn mietet. Notare können für die Vereinbarungsphase unterstützend sein, indem sie die Vertragseinhaltung, die Identität oder den guten Ruf der Marktpartner garantieren. Schutz kann jedoch auch bedeuten, daß einer oder beide Marktteilnehmer anonym bleiben wollen. Auch hier bieten Mittler die nötigen Dienste an (z.B. als Autohändler eines Gebrauchtwagenmarktes).
- Die dritte Funktion von Mittlern liegt in der Erleichterung ("facilitation") des Informationsaustausches zwischen Anbietern und Nachfragern. Dies geschieht durch die Koordinierung des Informationsaustausches und durch die Anpassung der übermittelten Informationen an die Bedürfnisse und Kommunikations- und Informationsinfrastruktur des jeweils anderen Kommunikationspartners. Vollkommene Marktinformation in einem Markt mit m Anbietern und n Nachfragern würde einen Aufwand von m*n Kommunikationsverbindungen bedeuten. Über einen Mittler, der alle Anbieter und Nachfrager kennt, würde der Aufwand nur n+m betragen; bei vielen Anbietern und Nachfragern eine immense Erleichterung insbesondere in der Informationsphase. Darüber hinaus kann ein Mittler Informationen über Produkte aus verschiedenen Quellen - wie beispielsweise von anderen Marktteilnehmern oder unabhängigen Vergleichstests - beschaffen und bereitstellen.
- Das Zusammenfinden ("matching") von Anbietern und Nachfragern kann ebenfalls vorteilhaft durch Mittler unterstützt werden, die eine bessere Übersicht über Marktattribute aufweisen. Durch ihre Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Nachfragern und Anbietern vielleicht sogar in verschiedenen Märkten, können Mittler die Präferenzen der Marktteilnehmer analysieren und diese Information wiederum benutzen, um zukünftig besser die Wünsche von Marktteilnehmern zu koordinieren. Anbietern können diese Präferenzinformationen genauso zu Nutzen kommen ("Was für Reiseziele, die wir noch nicht anbieten, werden am häufigsten verlangt?") wie Nachfragern ("Was für Reiseziele sind am beliebtesten?")
Mittler erhöhen in der Regel die Kosten einer Markttransaktion. [Wigand, Benjamin 1995] stellen das Ergebnis einer Untersuchung der Bekleidungsindustrie in den USA vor, nach dem ein Kunde beim Kauf eines Hemdes 62% des Preises sparen könnte, wenn Großhändler und Einzelhändler aus der Transaktion ausgeschlossen würden.
Diese Rechnung berücksichtigt jedoch ausdrücklich nicht die Kosten durch etwaige neu auftretende Transaktionskosten des Kunden. Diese würden in herkömmlichen Märkten steigen, da die oben angesprochenen Funktionen, wie Sammlung oder Schutz, der Mittler entfallen. Der Versandhandel auf der anderen Seite, der genau diese Strategie der Ausschaltung von Zwischenstufen der Transaktionen verfolgen, ist nicht für alle Produkte und alle Kunden gleichermaßen geeignet. Es fehlt der direkte Kontakt des Kunden zum Produkt.
Diese Veränderungen in der Beziehung von Unternehmen untereinander finden seit einigen Jahren statt. Sie begannen, als Informations- und Kommunikationstechnologie in Unternehmen in ausreichendem Maße verbreitet war. Heute sind in stark zunehmenden Maße auch Privathaushalte mit einer Informationsinfrastruktur versorgt. Die Frage stellt sich nun, wie sich deren Beziehungen zu Unternehmen, damit der komplette (Endkunden-)Markt und insbesondere die Rolle von Mittlern dadurch verändern.
Eine These, die "These der bedrohten Mittler" ("Threatened Intermediaries Hypothesis") [Sarkar, Butler, Steinfield 1995], besagt, daß durch die Möglichkeit direkter elektronischer Verbindungen zwischen Unternehmen (Anbietern) und Kunden (Nachfragern) die Mittler bedroht sind. Für die Anbieter könnte es nun kostengünstiger sein, ehemals ausgelagerte Aufgaben zu internalisieren und damit eine vertikale Integration vorzunehmen. Für die Nachfrager bietet sich die Möglichkeit, unter Umgehung von Zwischenhändlern, direkt mit dem Hersteller zu verhandeln (siehe das Beispiel aus der Bekleidungsindustrie weiter oben).
Genauso, wie auch bei den Unternehmensbeziehungen durch die Entwicklung der Informationsinfrastruktur zwei gegensätzliche Entwicklungen angestoßen wurden, ist es jedoch auch denkbar, daß Mittler gerade durch sie gefördert und gefordert werden. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologie kann die Kosten für den Kommunikationsaufwand, der durch ein vertikales "Outsourcing", also dem Gegenteil einer Internalisierung, entsteht, drastisch reduzieren. Durch die rasante Ausbreitung des Marktes können neue Mitter-Funktionen an Bedeutung gewinnen, die den Kunden dabei helfen, den Überblick über den Markt zu erlangen, oder die selbständig Aufgaben für die Kunden ausüben.
Die These der bedrohten Mittler scheint also nicht alle möglichen Aufgaben und Funktionen von Mittlern in Märkten zu berücksichtigen. Eine aktuelle Untersuchung kommt zu dem Schluß:
"[...] while some roles of traditional intermediaries may be diminished in electronic markets, new roles for intermediaries are emerging."
Die Ergebnisse dieser Untersuchung von dreizehn Unternehmen verschiedener Branchen in den USA werden hier, in Anlehnung an die Funktionen von Mittlern in herkömmlichen Märkten (Abschnitt 6.3.1), dargestellt:
- Durch die geringen Transaktionskosten können Anbieter Nachfragern günstigere Angebote machen, wodurch der Vorteil einer aggregierten Nachfrage, der Aspekt der Sammlung bei Mittlern, zunichte gemacht wird. Auch durch die einfachere Möglichkeit der Nachfrager, sich selbst in virtuellen Gemeinschaften zu organisieren, verliert die Rolle von Mittlern für diese Aufgabe an Gewicht. Durch die Zeit- und Ortslosigkeit der Elektronischen Märkte kann jedoch die mögliche Auswahl an Anbietern so unübersichtlich werden, daß hier eine neue Aufgabe für Mittler entsteht. Ebenso ist der zweite konventionelle Aspekt der Sammlung, die Integration verschiedener Angebote zu einem neuen Angebot, auch und gerade in Elektronischen Märkten von Bedeutung.
- Der Aspekt des Schutzes der Marktteilnehmer spielt in Elektronischen Märkten eine immense Rolle. Rechtliche und Technische Aspekte von Datenschutz, Authentifizierung der Transaktionspartner, sicherer Zahlungsverkehr aber auch Sicherstellung von Anonymität in Elektronischen Märkten, sind zum heutigen Zeitpunkt noch nicht annähernd geklärt. Zertifizierungsstellen für elektronische Signaturen beispielsweise sind eine Art von Mittlern in einem heutigen Elektronischen Markt.
- Die Erleichterung der Kommunikation verliert durch die gemeinsame technologische Grundlage, die in einem Elektronischen Markt Anbietern und Nachfragern zugrunde liegen muß, an Bedeutung für eine Mittlerfunktion. Die einfachere Kommunikation von Nachfragern untereinander erhöht jedoch auch die Menge der zu übertragenden Informationen. Hier könnten Mittler dabei helfen, die größere Menge von Kommunikationsverbindungen zu koordinieren.
- Elektronische Märkte reduzieren die Suchkosten. Für das Zusammenfinden von Nachfragern und Anbietern ergeben sich daraus zwei Konsequenzen: auf der einen Seite wird es einfacher für den Nachfrager, viele Anbieter abzusuchen. Damit verliert die Rolle eines Mittlers für diese Aufgabe an Bedeutung. Auf der anderen Seite führt die stark zunehmende Menge an Anbietern und den von ihnen in einem Elektronischen Markt angebotenen Informationsquellen dazu, daß Mittler durch das Ausfiltern irrelevanter Information einen wichtigen Beitrag für das Zusammenfinden von Marktpartner leisten können. Auch das Sammeln von Marketinginformationen für Anbieter kann eine Aufgabe sein, die ein Mittler in Elektronischen Märkten ausführen kann.
[Bailey, Bakos 1997] kommen abschließend zu dem Schluß, daß eine Analyse der Vorteile Elektronischer Märkte nicht ausschließlich auf Transaktionskosten bezogen sein kann. Individualisierte Produkte, Geringere Lieferzeit und höhere Kundenzufriedenheit sind ebenso wichtige, wenn auch schwieriger zu ermittelnde Aspekte für Elektronische Märkte und die Rolle von Mittlern in diesen.
Abbildung 22 - Arten Elektronischer Märkte
Viele potentielle Kunden wurden durch Schlagworte wie "Datenautobahn", die sowohl von Regierungen, großen Unternehmen und nicht zuletzt den Medien verbreitet wurden, auf die Möglichkeit, das WWW als Markt zur Bedürfnisbefriedigung zu nutzen, aufmerksam gemacht. Auch Unternehmen, die nicht davon ausgehen können, daß ihre primäre Kunden-Zielgruppe Zugang zum Internet hat, können sich dem allgemeinen Trend immer weniger entziehen und treten im WWW auf.[35]
Die größten Vorteile des WWW sind die immer weiter sinkenden Rüstkosten und Unterhaltskosten einer Präsenz in diesem Medium, der einfache Zugang ohne zu spezielle Hard- oder Software und die Offenheit des Mediums bezüglich des Zugangs.
Viele einzelne Anbieter präsentieren voneinander unabhängig ihre Leistungen, wobei sie sich nur an die Standards des WWW halten müssen.
Inwieweit die Plattform WWW flexibel genug ist, die Bedürfnisse eines Elektronischen Marktes zu erfüllen, wird an dieser Stelle nicht ausführlicher untersucht. Zwei Probleme des WWW im Zusammenhang mit der Erweiterung seiner Funktionalität in Richtung auf einen Elektronischen Markt sollen jedoch herausgestellt werden: Der Sicherheitsaspekt und die Organisation.
- Fehlende oder noch nicht ausreichend entwickelte Standards, welche die komplette Durchführung von Transaktionen über das WWW, insbesondere den Zahlungsverkehr, absichern und dabei gegebenenfalls die Anonymität der Marktteilnehmer wahren, sind der Hauptgrund, warum noch immer relativ wenige Markttransaktionen mehr oder weniger komplett über das WWW abgewickelt werden. Andere Gründe wurden in Abschnit 6.2.2 beleuchtet.
- Das WWW baut nur auf wenigen Standards auf: HTTP[36] als Protokoll zur Übertragung von Informationsseiten und HTML[37] als Seitenauszeichnungssprache sind hiervon die wichtigsten. Es fehlt beispielsweise die Möglichkeit einer semantischen Auszeichnung von Dokumenten oder einer tieferen inhaltlichen Strukturierung der Informationen. Dadurch wird insbesondere die Auffindbarkeit relevanter Information, Produkte und Transaktionspartner im WWW erschwert. Das Fehlen zentraler Kontrollinstanzen und Mechanismen zur Preisbildung stellen weitere strukturelle Probleme der Organisation des WWW in Hinblick auf den Nutzen als Plattform für einen Elektronischen Markt dar.
Das herausragende Kennzeichen der Sichtweise auf das WWW als Elektronischer Mark stellt die direkte Marktbeziehung zwischen Anbietern und Nachfragern dar, die bestimmte Mittlerfunktionen erschwert, andere jedoch fördert (Siehe Abschnitt 6.3.2).
Der Aufwand sowohl für den Nachfrager als auch für die einzelnen Verlage als Anbieter, in diesem Bereich eine direkte Beziehung zu etablieren, ist im Augenblick einfach noch zu groß. Außerdem gehören die angesprochenen Produkte zu denjenigen, die eine sehr niedrige Leistungsbeschreibung und Anlagen-Spezialisierung aufweisen und daher gut für den Handel in Elektronischen Märkten geeignet sind.
Ein zweites Beispiel soll den Integrationseffekt bei der Sammlungsfunktion von Mittlern verdeutlichen: [CityNet 1997] fungiert als virtuelles Reisebüro. CityNet bietet die Möglichkeit, Flüge, Autos und Hotels in Städten weltweit zu buchen. Daneben werden Verweise zu Veranstaltungen, Landkarten, Reiseführern, Wetterinformationen, etc. gegeben, so daß man seine komplette Reise über das CityNet planen kann.
Die Sammlung ist für die Informations- und Vereinbarungsphase besonders wichtig. In der Informationsphase kann durch eine Senkung der Kosten zum Auffinden potentieller Marktpartner ein Mehrwert durch Mittler erreicht werden, in der Vereinbarungsphase kommen die Vorteile der Sammlung von Nachfrage und Angebot zur Erreichung günstigerer Konditionen zum Tragen. Die beiden Beispiele Amazon und CityNet unterstützen diese beide Phasen der Transaktionen.
Die Abgrenzung zwischen solchen speziellen Mittlerdiensten im WWW und eigenen Elektronischen Märkten im WWW ist schwierig zu treffen. Schließlich könnte man beispielsweise CityNet auch als eigenständigen Elektronischen Tourismus-Markt ansehen.
Als Beispiele für Mittler, die im Zahlungsverkehr als vertrauenswürdige Dritte fungieren, sollen [FirstVirtual 1997], eine virtuelle Bank und [DigiCash 1997], eine virtuelle "Münzpräge", dienen.
FirstVirtual fungiert als Mittler zwischen Anbieter und Kunden. Kunden müssen bei der Bank ein virtuelles Konto eröffnen, über das alle Zahlungen im WWW abgehandelt werden. Vor jeder Zahlungsdurchführung wird von dem Kunde per eMail eine Bestätigung der Zahlungstransaktion verlangt. Erst danach wird die Zahlung an den Anbieter ausgeführt und die Transaktion durchgeführt.
Im Gegensatz zu diesem Ansatz arbeitet DigiCash mit ihrem Ecash genannten Zahlungsmittel anonym, das bedeutet, der Kunde kauft einen bestimmen Betrag Ecash bei DigiCash, mit dem er später direkt bei Anbietern bezahlen kann. Die Zahlungseinheiten werden nur auf ihre Gültigkeit überprüft, jedoch nicht mehr einer bestimmten Person zugeordnet.
Abbildung 23 - Zahlungsprotokoll bei Ecash
aus
[Merz
1996, S. 73]
Bislang gibt es jedoch, trotz einiger Standards auf diesem Gebiet, noch keine einzige, durchgängige und weit verbreitete Methode zur Gewährleistung von Transaktionssicherheit im WWW. Daher gibt es neben den erwähnten Mittlern noch eine reihe weiterer, auf ähnlichen Technologien beruhender Anbieter.
Der Schutz-Aspekt ist insbesondere wichtig in der Vereinbarungsphase, in der ein direkter Kontakt zwischen den Marktteilnehmern hergestellt wird, und eventuell in der Abwicklungsphase, wenn elektronische Leistungen sicher übermittelt werden sollen.
Jedoch kann man das WWW und die Protokolle des Internets, auf denen es beruht, durchaus als eine Form der Anpassung von Informationen auffassen. Durch die breite Akzeptanz dieses Quasi-Standards wird erst der Grundstein für eine Kommunikation von Marktpartnern auf elektronischem Wege gelegt.
Mittler können durch eine einheitliche Benutzeroberfläche ebenfalls für eine Art von Anpassung unterschiedlicher Angebote im WWW erreichen. [Jango 1997] (siehe Abschnitt 5.2.6) beispielsweise bietet eine einheitliche Benutzerschnittstelle zu vielen völlig unterschiedlichen Online-Anbietern.
Mittler, die in diesem Sinne im WWW arbeiten, sind in erster Linie Verzeichnisse und Suchmaschinen.
In Verzeichnissen werden verschiedene Angebote aus dem WWW katalogisiert und in der Regel hierarchisch aufbereitet. Neben allgemeinen Katalogen, die versuchen, alle Angebote aufzuführen (z.B. [Yahoo 1997] oder [Web.de 1997]) gibt es spezielle Verzeichnisse kommerzieller Anbieter (z.B. [Branchenbuch 1997]). Daneben existieren viele spezielle Verzeichnisse zu bestimmten Fragestellungen, die teilweise keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und oftmals von Privatleuten gesammelt werden (Sogenannte Bookmark- oder Link-Listen).
Suchmaschinen wie [Altavista 1997] arbeiten im Gegensatz zu Katalogen in der Regel vollautomatisch, indem sie den Verweisen im WWW folgen, die gefundenen Seiten nach unterschiedlichen Verfahren automatisch indexieren und die so gewonnenen Informationen in einer Datenbank ablegen. Über diese Datenbank können Benutzer der Suchmaschine dann über eine Suchschnittstelle recherchieren (eine ausführlichere Darstellung der Funktionalität von Suchmaschinen befindet sich in Abschnitt 5.2). Eine Spezialisierung von Suchmaschinen ist höchstens im Bezug auf eine Lokalisierung zu erkennen, wie beispielsweise die Suchmaschine [Fireball 1997], die nur deutschsprachige Verweise durchsucht, zeigt.
Kennzeichen Elektronischer Märkte innerhalb des WWW ist es, daß unterschiedlichen Anbietern eine gemeinsame Infrastruktur für die Durchführung von Markttransaktionen innerhalb des WWW zur Verfügung gestellt wird. Damit fallen Einzelanbieter - wie etwa die Onlineangebote von Kauf- und Versandhäuser - im allgemeinen nicht in diese Kategorie, obwohl sie teilweise ebenfalls beginnen, ihre "geschlossenen Elektronischen Märkte" für Dritte zu öffnen.
[My-World 1997], das Online-Kaufhaus von Karstadt, bietet beispielsweise nicht nur konzerneigene "Shops" an, sondern auch Drittanbieter wie Mercedes Benz und der Bank24. Inwieweit dieses Vorgehen eine strategische Bedeutung mit dem Ziel einer Öffnung der eigenen Markt-Plattform für Dritte hat, oder nur kurzfristige Marketinggründe eine Rolle dafür spielen, kann hier nicht beleuchtet werden.
Von der Konzeption eindeutig unter die Definition von Elektronischen Märkten im WWW fallen Angebote wie [Netzmarkt 1997], [World Avenue 1997] und die [EMB 1997]. Sie werden häufig auch als "Electronic Malls" bezeichnet.
Für die Realisierung derartiger virtueller Kaufhäuser werden heute auf dem Markt eine ganze Reihe vorkonfigurierter Hard- und Software lösungen angeboten, die in [Bichler, Freygner 1997] dargestellt werden. Auch dadurch werden die Rüst- und Unterhaltskosten virtueller Kaufhäuser immer weiter reduziert und sie erfreuen sich einer immer weiter zunehmender Beliebtheit.
Alle diese drei, hier beispielhaft genannten, Elektronischen Märkte bieten eine einheitliche Benutzerschnittstelle sowie ein gemeinsames Marketingkonzept für die unterschiedlichen "Shops". Anhand der (geplanten) Architektur der EMB soll in Abschnitt 6.4.3.1 gezeigt werden, daß hier noch viel mehr (Mittler-)Dienste denkbar wären.
Eine spezielle Art von Elektronischen Märkten innerhalb des WWW stellen Auktionen dar. Unter einer bestimmten URL werden Produkte versteigert. Jeder Besucher kann, nachdem er sich registriert hat, Gebote abgeben und zu einem Endzeitpunkt wird das Produkt schließlich demjenigen mit dem höchsten Gebot zugesprochen[39].
Eine Übersicht über WWW-Auktionen bietet beispielsweise [AuctionList 1997].
Abbildung 24 - Architektur der EMB
nach
[Zimmermann
1997, S.14]
Die oberste Schicht stellt die einzelnen Anwendungen der EMB dar, unter anderem finden sich hier auch Unternehmenspräsentationen.
Zwischen diesen beiden Schichten befindet sich die Schicht der "Marktdienste", also Werkzeuge, die von allen Anbietern innerhalb der Anwendungsebene genutzt werden können. Diese sollen alle Phasen der Transaktionsabwicklung unterstützen helfen.
Unter anderem sind hier inzwischen realisiert: ein Modul zum Aufbau eines elektronischen Produktkataloges (EPC[40]), ein SSL-Modul für eine sichere Kommunikation der Marktpartner untereinander beispielsweise zum Zwecke der Bezahlung sowie verschiedene Suchmechanismen. Geplant sind Module zur leichten Anbindung von Anbietern der sekundären Wertschöpfungskette, wie Transportunternehmer (Logistik), sowie für Vertragsverhandlungen.
Daneben kann ein Elektronischer Mark aber auch das Vertrauensverhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern erhöhen, wie dies bereits in Abschnitt 6.3.1 beschrieben wurde.
Regionale Märkte oder Märkte für bestimmte Leistungen erlauben einen einfachen Zugang zu Anbietern. In den einzelnen Märkten werden die einzelnen Anbieter dann meist in einer hierarchische Struktur angeordnet und es werden spezielle Suchfunktionen für die Anbieter und ihre Leistungen angeboten. (siehe EPC in Abbildung 24).
Konzepte wie Bildschirmtext (BTX) oder T-Online [T-Online 1997][43] der Deutschen Telekom AG [Telekom 1997] dienen als Beispiele für Elektronische Märkte, die mit eigenständiger Technologie versuchen, den Endkundenbereich in das elektronische Einkaufen ("Electronic Shopping") einzubeziehen.
Eine anderer Lösung für die Erschließung von Endkundenmärkten auf elektronischem Wege außerhalb des WWW zeigen elektronische Produktkataloge auf, wie beispielsweise der Quelle-Katalog [Quelle 1997][44]. Im elektronischen Quelle-Katalog können die entsprechenden Waren nach der Auswahl über eine Multimediaanwendung auf CD-ROM auf elektronischem Weg über Modem direkt in der Quelle-Zentrale bestellt werden.
Hohe Rüstkosten und proprietäre Schnittstellen und Dienste sind in der Regel die größten Schwachstellen dieser Ansätze mit "geschlossener" Benutzergruppe. Die Bereiche, in denen bislang Elektronische Märkte mit großem Erfolg Einzug gehalten haben (siehe weiter oben), sind darüber hinaus keine Endkundenmärkte.
Die Vorteile, die solche geschlossenen Systeme außerhalb des WWW aufweisen, liegen ebenfalls auf der Hand: durch ihre konsequente Planung und Realisierung als Plattform für den Elektronischen Handel, weisen sie weit aus weniger strukturelle Schwächen wie fehlende Sicherheit, Preismechanismen oder mangelnde Organisation auf, als dies beispielsweise beim WWW als Elektronischem Markt der Fall ist.
An dieser Stelle werden zwei aktuelle Ansätze für die Architektur Elektronischer Märkte außerhalb des WWW unter besonderer Berücksichtigung von Mittlerfunktionen vorgestellt.
- In der Informationsphase ist es die Hauptaufgabe von Mittlern, zwischen den Angebotsdaten unterschiedlicher Leistungsanbieter und der individuellen Nachfragen verschiedener Benutzer zu vermitteln. Davon ausgehend, daß es keine zentrale Datenbank mit den Leistungsbeschreibungen gibt, sondern daß die Benutzerwünsche aus hierarchisch angeordneten Teildatenbanken befriedigt werden müssen, können Mittler in der Informationsphase entweder unterschiedliche Angebote bündeln (beispielsweise Angebote für Flug, Unterkunft und Kulturangebot zu einem Reiseangebot ), oder aus einer Angebotsdatenbank durch Filtern relevanter Einträge eine neues Angebot projizieren (beispielsweise durch Selektion bestimmter Kriterien wie Preis oder Flugziel). Daneben können Mittler durch die Anreicherung bestehender Kataloge durch Metainformationen wie Test- oder Erfahrungsberichte noch weiter für Mehrwerte sorgen. Eine zweite wichtige Aufgabe von Mittlern der Informationsphase ist die Vermittlung unterschiedlicher Syntax und Semantik ( [Schmid, Lindemann 1997, S. 24] sprechen hier von Vokabularen) zwischen den einzelnen Angeboten und Nachfragen.
- In der Vereinbarungsphase kommen Mittlern die Rollen als unabhängige und vertrauenswürdige Dritte (Trust Center oder Elektronischer Notare) zu, die für die Sicherheit der Marktpartner sorgen sollen. Hierbei sind insbesondere juristische Fragestellungen von Bedeutung.
- Die Abwicklungsphase ist insbesondere gekennzeichnet durch logistischen Aspekte der sekundäre Wertschöpfungsprozesse. Hierbei müssen wieder passende Marktpartner für "Unter"-aufträge der Transaktionen gefunden und mit ihnen Vereinbarungen über die zu erbringenden Leistungen getroffen werden.
Das in diesem Abschnitt vorgestellte Referenzmodell befaßt sich auf theoretischer Basis mit den Anforderungen an die Architektur eines Elektronischen Marktes.
Hierbei wird deutlich, daß - obwohl das Konzept über die bisherigen im WWW und Internet möglichen technischen Standards hinausgeht - doch versucht wird, kein völlig neues System zu schaffen sondern Kompatibilität mit der bisherigen Technologie zu erhalten und neue Ideen zu integrieren.
Mittler tauchen auch in diesem Ansatz insbesondere in zwei Rollen auf: einmal als Dienstleistung, um Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen und zwar differenziert in ein "Query interface" für eine direkte Suche und ein "Browsing interface" für das "Herumstöbern" in Angeboten [Merz 1997, S. 7], oder durch die Schaffung von Mehrwerten durch Erweiterung, Kombination oder Koordination bestehender Dienste.
Mittlerfunktionen in der Vereinbarungs- und Abwicklungsphase mit ähnlichen Aufgaben wie in Abschnitt 6.4.6.1 beschrieben sind als "Support Services" bezeichnet [Merz 1997, S. 8] und ebenfalls in dem Konzept vorgesehen. Besondere Wert wird dabei auf die Flexibilität des Konzeptes bezüglich der Erweiterbarkeit durch neue "Support Services" gelegt.
Das Projekt Kasbah [Chavez et al. 1997] des AgentLab am MIT - neben Fishmarket [Rodgríguez et al. 1997] und MAGMA ( [Tsvetovaty et al. 1997]), die einen ähnlichen Ansatz verfolgen - ist der Versuch, dieses Problem durch den Einsatz von Agenten zu beseitigen.
Alle diese drei Projekte sind reine Prototypen. Ihr grundlegende Aufbau folgt dabei einem Blackboard-Ansatz, wie er in Abschnitt 5.1.3 beschrieben wurde.
Die Agenten werden vom Benutzer erzeugt und mit den nötigen Informationen und Parametern versorgt, die zur kompletten Durchführung einer Transaktion (Information, Vereinbarung und Abwicklung) nötig sind. Diese Parameter sind sehr einfach gewählt und beeinhalten die zu handelnde Ware, den gewünschten Preis, den niedrigsten akzeptablen Preis, zu dem die Ware gehandelt wird, einen Zeitpunkt, bis zu dem eine Transaktion abgeschlossen werden soll und eine Strategie, um den geforderten Preis zu senken.
Abbildung 25 - Parametereinstellung von Kasbah
aus
[Guttman
1997b][46]
- Vorsichtig ("anxious"): Der Agent beeilt sich, die Transaktion durchzuführen und bemüht sich, möglichst schnell zu einer Vereinbarung zu gelangen.
- Mit einem kühlen Kopf ("cool headed"): Der Agent wartet ab, akzeptiert nicht das erstbeste Angebot, will aber doch rechtzeitig vor Ende der Transaktionszeit zu einer Vereinbarung gelangen.
- Sparsam: Der Agent wartet bis zum besten Angebot.
Da ein Agent nicht auf jeden Fall zu einer Vereinbarung gelangen muß, ist die richtige Wahl dieser Strategie entscheidend für den Erfolg der eigenen Agenten.
Kasbah ist ein relativ einfaches System, das in Experimenten mit einer beschränkten Anzahl zu handelnder Waren und Teilnehmer bereits interessante Forschungsergebnisse erbracht hat. Die beiden anderen Ansätze sind im Ansatz komplexer:
In Abbildung 26 ist der schematische Aufbau eines MAGMA-Agenten dargestellt. Neben einer Geldböse ("Wallet") und einem "Einkaufskorb" ("Inventory") verfügt jeder Agent über ein Modul, welches das Plazieren von Angeboten auf einem Angebotsserver erlaubt ("Ad Manager") und ein Verhandlungsmodul. Letzteres Steuert das Aushandeln eines Transaktionspreises zwischen Anbieter und Nachfrager-Agent.
Abbildung 26 - MAGMA Agent
nach
[Tsvetovatyy
et al. 1997, S. 21]
Klassische Mittlerfunktionen mit den Funktionen Sammeln, Erleichtern, Sichern und Zusammenbringen haben auch in Elektronischen Märkten ihre Daseinsberechtigung. Jedoch müssen die herkömmlichen Mittler verstärkt auf den Einsatz Elektronischer Mittel zurückgreifen, damit sie nicht durch das Entstehen neuer Mittler, die ihre klassische Mittlerfunktionen ausüben, verdrängt werden.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Banken, deren Rolle in Markttransaktionen durch die Einführung von Elektronischem Geld prinzipiell von beliebigen Anbietern eingenommen werden kann. Banken scheinen dies jedoch erkannt zu haben, und drängen stark in die Elektronischen Märkte.
Technische und strukturelle Schwierigkeiten lassen das WWW eigentlich nicht als beste Plattform für Elektronische Märkte erscheinen; jedoch wird sich wohl aufgrund der immensen Popularität dieser Plattform in absehbarer Zeit kein neues revolutionäres System einführen sondern höchstens evolutionäre Änderungen an bestehenden Technologien durchführen.
Sowohl im WWW und in Elektronischen Märkten innerhalb des WWW, als auch in Elektronischen Märkten außerhalb des WWW lassen sich klassische Mittlerfunktionen erkennen.
[31]: statt der direkten Übersetzung "Produktbeschreibung" wird in dieser Arbeit der umfassendere Begriff "Leistung" verwendet.
[32]: Im folgenden Kapitel wird nochmals auf diesen Zusammenhang und die Abbildung eingegangen.
[33]: In dieser Arbeit meint "Elektronischer Markt" meist "Elektronischer Markt im weiteren Sinne" nach Schmids Definition.
[34]: Mit CAD ("Computer Aided Design") und CAM ("Computer Aided Manufacturing") wird der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie im Bereich des industriellen Designs und der Fertigung bezeichnet.
[35]: Einen ersten Überblick über die vielen verschiedenen Leistungsanbieter im WWW vermitteln die meisten Verzeichnisse wie [Web.de 1997] unter der Rubrik Firmen o.ä.. [Sperlich 1997] bietet ebenfalls eine gute Einführung und Übersicht.
[36]: HTTP ("Hypertext Transfer Protocol") ist das Protokoll, welches den Austausch von Informationen im WWW festlegt
[37]: HTML ("Hypertext Markup Language") ist die Sprache, in der Informationsseiten im WWW ausgezeichnet - d.h. mit speziellen Formatierungen versehen - werden.
[38]: Einen Überblick über virtuelle Kaufhäuser bietet [Faust 1997].
[39]: Es gibt eine große Menge anderer Auktions-Verfahren [Borovoy, Gutmann 1997] geben eine Übersicht.
[40]: Ein EPC ("Electronic Product Catalog") erlaubt das Anlegen und einfache Durchsuchen von Produktkatalogen in elektronischen Medien.
[41]: EDI ("Electronic Data Interchange") ist ein Standard für die Übermittlung von Geschäftsinformationen.
[42]: Die Bereiche stammen aus [Schmid 1993, S.469ff], wo sie ausführlicher dargestellt und mit Beispielen belegt werden
[43]: Technische Einzelheiten der beiden Dienste BTX und T-Online sind zu finden unter <http://www.t-online.de/technik/beschrei/index.html>
[44]: <http://www.quelle.de/qcdro_01.html>
[45]: ACTS ("Advanced Communications Technhnologies & Services") ist ein Forschungsprogramm der Europäischen Union.
[46]: <http://guttman.www.media.mit.edu/people/guttman/research/commerce/ talk6/slide40.html>